Mittwoch, 9. Mai 2007

Tag 03 / Was so im Kopf umgeht.



(DR) Ich wache auf und habe Kopfweh als hätt’ ich mich am Vorabend mit einem Russen auf ein Wetttrinken eingelassen und gewonnen. Das wär’ ja nicht so schlimm, wenn es denn so gewesen wär’. Aber ich hab gesund gegessen, nicht zu viel geraucht, bin zeitig ins Bett gegangen und hab nicht einen Tropfen Alkohol getrunken. Das soll nun aber nicht das Thema sein.

Thema ist: Der Spießer in mir. Hab ich mich doch gestern, als hier auf meinem Urlaubs-Aussichtsposten sitzend und der Umwelt lauschend, dabei ertappt wie es mich sehr verstimmt hat, dass 50 Meter hinter uns, auf den billigen Rängen jemand laut Musik hörte und damit die ansonsten perfekte Stille störte. Das wär’ ja in sich noch nichts Bemerkenswertes, aber die Gedanken dir mir durch den kopf gingen waren schon spannend. So dachte ich mir „Der junge Mann will wohl, dass wir alle seinen tadellosen Musikgeschmack würdigen“ und „Wie unhöflich das ist, das den anderen so ungefragt aufzudrängen“ und am aller schlimmsten „Wenn das alle machen würde, dann wär’ hier auditives Chaos und man könnte ja gleich in der Großstadt bleiben wenn das so wär’“

Nicht dass mich nicht schon früher derlei Gedanken ereilt hätten, doch früher hab ich mich ein bisschen dafür geschämt. Jetzt ist es eher so, dass ich Verständnis für die Spießer, die Konformanten dieser Welt aufbringe. Beim genauen darüber Nachsinnen ist mir vollkommen klar das „Spießer“ im Grunde dieselbe Motivation haben wie der Störer. Sie wollen’s so haben wie Sie’s grad haben wollen. Nur sucht der Spießer eben ein vermeintlich allgemeingültige Argumentation um zu begründen, warum grad das was er will nun das Richtige sei.

Aber ich kann’s schon verstehen. Nun hat sich der Spießer schon die Mühe gemacht, sich mit den anderen Spießern darüber abzugleichen, was ein erstrebenswerter Zustand ist, und nun kommt so ein Egoman daher und kümmert sich nicht ein Stück.

Als Lebensphilosophie kann ich dennoch eher den Weg des „Non-Spießers“ empfehlen, weil das was der Spießer die meiste Zeit tut, ist sich darüber zu ärgern, das es nicht so ist wie er es sich ausgedacht hatte. Der Non-Spießer hingegen muss sich nur über die Spießer ärgern die vorbeikommen und ihn zur Ordnung mahnen. Das ist relativ schnell vorbei und man kann mit dem „Ich mach’s mir so wie ich’s grad will“ fortfahren.

Die beste aller Philosophien ist aber das was man will, and das was gegenwärtig möglich ist anzupassen. Nicht anders herum. So gelingt es einem, stets zufrieden oder sogar erfüllt zu sein, und ist gänzlich unabhängig davon was die anderen tun. „Ach wie hübsch, da ham wir zur Stille auch noch ein bisschen Musik“

So. Der Tag hat grad erst angefangen. Mal sehen was wir heute so erleben werden. Oh, mir fällt gerade ein das ich gestern eine Idee hatte die mir des Notierens wert erschien: Man sollte eine Geschichte über Hitlers Hund schreiben. Wie die Geschichte des Mannes aus der Sicht eines in der Wahrnehmung beschränkten und von den Gräueln der Welt behüteten Wesens aussieht wissen wir zwar von der Eva schon, aber die hat ja nicht viel Zuneigung abbekommen. Die Hunde hingegen haben vermutlich als einzige den lieben Hitler abbekommen. Paranoid wie wir Deutschen sein müssen und so erzogen wurden muss ich jetzt natürlich gleich sagen, dass ich nix von dem gutheiße was das Nazideutschland zu produziert hat, aber es scheint mir einfach immer noch eine zu simple und gefällige Ansicht Hitler einfach als Unmensch oder gar Monster zu sehen. Das hilft dem Verständnis nicht. Außerdem .. ich glaub, dass Humor die einzig wirklich wirksame Aufarbeitung kniffliger Themen ist.

(DP) Heut ist mir ganz komisch zumute. Nicht, dass es Tage gäbe an denen mir nicht irgendwie zumute wäre, aber heute ist das Adjektiv meiner Wahl eben „komisch“. Nicht traurig, nicht fröhlich, nicht melancholisch, nicht aggressiv. Komisch. Das ist einer dieser Tage, an denen man nicht wach zu werden scheint und in einem seltsamen halb-ansprechbaren Zustand durch die Gegend taumelt. Wenn mich jemand was fragt, antworte ich. Wenn mir was auf den Fuß fällt, reagiere ich. Aber mit einer Zeitverzögerung, die offenbar nur mir auffällt.

Mein Hirn ist im Stand-By. Der Vorteil: Wenn man langsam reagiert, fallen diese impulsiven Elemente weg. Wenn sich also der dickliche Berliner, der vorhin auf einen Plausch vorbeigeschaut hat, wegen seines lädierten Körpers im Schneckentempo in den Liegestuhl sinken lässt, denke ich nicht. „Wuuuahahahaha, lass einen Kran kommen“ sondern ich denke erstmal gar nichts. Betrachte völlig wertfrei das Szenario.

So als würde man einem Blatt beim Fallen zusehen. Lethargie ist nicht so verkehrt. Wäre die ganze Welt ein lethargischer Haufen, würden wir in einem Zustand beispielloser Harmonie miteinander existieren. Wir würden vermutlich irgendwann nicht mehr das Haus verlassen aber immerhin.


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